Post by Ina KoysPost by Helmut RichterUnd soo schrecklich viele Sprachen mit geschlechtsabhängigen Genera
gibts auch nicht
Echt? Ich hab manchmal den Eindruck, dass so Sachen wie
"Männchen/Weibchen" bzw. "immer zwei bilden ein Ganzes" in den Leuten
tiefer drin steckt als alles andere.
Grammatische Geschlechter sind Beugungsklassen, d.h. Gruppen von
Wörtern die sich grammatisch gleich verhalten. Das hat mit Geschlecht
und Biologie zunächst gar nichts zu tun. Nicht alle Sprachfamilien
haben überhaupt grammatische Geschlechter, und bei denen die das haben
muss damit nicht unbedingt eine Bedeutung gekoppelt sein. Und wenn,
kann es auch eine ganz andere sein als biologisches Geschlecht. Z.B.
gibt es Sprachen die nach "belebt"/"nicht belebt" unterscheiden. Es
gibt eine australische Sprache, die ein Geschlecht "Frauen, Feuer und
gefährliche Objekte" kennt. Und eine afrikanische Sprache, die
Geschlechter wie "längliche Objekte", "große Objekte und
Flüssigkeiten", "kleine Objekte" aufweist.
Die indogermanischen Sprachen - zu denen fast alle europäischen
Sprachen gehören - haben grammatische Geschlechter. Es gibt in einigen
von ihnen die Tendenz, dass sie mit biologischem Geschlecht
korrelieren. Diese Tendenz ist aber nicht in allen idg. Sprachen
vorhanden, und dort wo sie vorhanden ist, ist sie nicht überall
konsequent durchgeführt. Ein Beispiel für eine sehr konsequente
Durchführung bis auf wenige Ausnahmen ist das Englische, Deutsch gehört
zu den Sprachen die irgendwo zwischendrin hängen.
Daraus ergibt sich die Vermutung, dass das Indogermanische dem
grammatischen Geschlecht anfänglich keine Bedeutung zuordnete, und erst
im späteren Verlauf in einigen Teilästen die Korrelation zu
biologischem Geschlecht entstand. Dafür spricht auch, dass es im Idg. 3
grammatische Geschlechter gibt, aber die Natur nur 2 biologische
Geschlechter kennt.
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John Peel is not enough
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